Geschirr spülen oder Raumschiffe bauen?
Im Oktober 2003 studierte der damals 27-jährige Zhou Binghong im Rahmen eines Promotionsprogramms am französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS). Als die Nachricht vom Start des Raumschiffs „Shenzhou-5“ Frankreich erreichte, gratulierten ihm die Studenten des Labors aus der ganzen Welt überrascht und neidisch. Damals verbreiteten die französischen Medien immer wieder Bilder vom ländlichen China. Keiner hatte sich vorstellen können, dass das „rückständige“ China als drittes Land der Welt Astronauten ins All schicken würde.
Vor 20 Jahren betrug der Postgraduierten-Zuschuss in China rund 100 Euro pro Monat, während der Zuschuss der französischen Botschaft für internationale Studierende 1.000 Euro pro Monat betrug. Zhou Binghong erinnert sich: „Chinesische Studenten ohne Stipendium halfen den Franzosen in den Sommerferien bei der Traubenernte für die Weinherstellung oder beim Pflücken von Pflanzen für die Parfümherstellung, um etwas zusätzliches Geld zu verdienen. ‚Geschirr spülen oder studieren‘ war damals das Thema, das im Internet in China heftig diskutiert wurde. Ich hätte nie gedacht, dass sich die Welt in 20 Jahren so sehr verändern würde.“
„Als ich Doktorand in Frankreich war, arbeitete ich im Labor für Mikroelektronik und Materialien. Meine Aufgabe bestand darin, die Herstellung von hochwertigeren Materialen im Weltraum zu entwickeln. Damals plante China den Start des Mikrogravitations-Experimentsatelliten „SJ-10“. Vor dem Start war ein Schwerelosigkeitstest erforderlich. Chinas Mikrogravitations-Fallturm kann nur drei Sekunden lang eine schwerelose Umgebung bieten, während europäische schwerelose Flugzeuge dies dutzende von Sekunden lang bieten können. Viele meiner Kollegen, jüngeren Kommilitonen und Studenten haben Experimente in den europäischen schwerelosen Flugzeugen durchgeführt. Da Europa bislang keine eigene Raumstation hat, haben viele europäische Astronauten damit begonnen, Chinesisch zu lernen und freuen sich darauf, zum Training und zur Zusammenarbeit nach China zu kommen“, so Zhou.
Heute ist Zhou Binghong Forscher am Nationalen Zentrum für Weltraumwissenschaften der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Sein ehemaliger Dozent war ein über 60-jähriger Franzose, der immer an China glaubte. Viele Jahre später versteht Zhou Binghong seinen Lehrer endlich: „Viele Franzosen seiner Generation hatten tatsächlich ein stärkeres Vertrauen in die Zukunft Chinas als wir selbst. Mein Dozent hat viele Länder bereist und er hat auch ein tiefes Verständnis der Entwicklung der Luft- und Raumfahrttechnologie Frankreichs. Auf manchen Ebenen sah er weiter als ich.“